Nach langem Prozess mit Grün- und Weißbuch und mehrstufigen Akteursanhörungen ist vergangene Woche der Referentenentwurf des sog. Strommarktgesetzes veröffentlicht worden. Ein Artikelgesetz, umfangreich und komplex, durchaus an manchen Stellen mit Überraschungen und – wie immer – „Vorhang zu und alle Fragen offen“.
Das grundsätzliche Gestaltungsprinzip ist eine freie zentrale Preisbildung bei möglichst unverfälschter Weitergabe von Knappheitssignalen und Selbstheilung der Marktkräfte. Ein Lehrstück angewandter Wirtschaftstheorie. Aber wie passt das zusammen mit den Anfordernissen der leitungsgebundenen Stromversorgung, wie kann tatsächlich dem Idealbild vollständiger Information und Freiheit von Preisverzerrung nahegekommen werden und wie sinnvoll ist die kontrafaktische Annahme jederzeitiger Verfügbarkeit gehandelter Strommengen an allen Netzanschlusspunkten des Bundesgebiets, die nur zum Preis des umfänglichen Netzausbaus und erheblicher Re-Dispatch-Maßnahmen aufrechtzuerhalten ist?
Das Reformpaket „Neues Strommarktdesign“ hat nicht weniger vor als eine Anpassung der Netzentgeltsystematik und Regelleistungssystematik, eine Stärkung der Bilanzkreisverantwortung, die Einführung einer Kapazitätsreserve und eine Überarbeitung der gesamten Systemdienstleistungsbereitstellung. Weitere, vom Gesetzentwurf konkret adressierte Stichpunkte (Auswahl) sind: Spitzenkappung von EEG-Strom, Informationsrechte von Netzbetreibern, Monitoring der Versorgungssicherheit, Netzreserve für neu zu errichtende Erzeugungsanlagen in Höhe von 2 GW, Wegfall vermiedener Netznutzungsentgelte.
Hinsichtlich der konkreten Umsetzung bleiben in vielen Bereichen – fast zwangsläufig möchte man sagen – noch Fragezeichen. Man darf davon ausgehen, dass im Gesetzgebungsverfahren eine Vielzahl von Regelungen weiter konkretisiert, manche wegfallen und weitere hinzukommen werden.
Für alle Energiemarktakteure sind diese Entwicklungen naturgemäß von größter Bedeutung. Es wird so gut wie kein Geschäftsmodell geben, das hiervon nicht betroffen ist. Und man denke erst an die Vielzahl an Geschäftsmodell, die der neue Rechtsrahmen erst ermöglichen wird! Wohl dem, der hier Informationsvorsprünge hat, Vorsprünge in der Bewertung, Ableitung und Anwendung für bestehende und künftige Produkte und Dienstleistungen. Das BFDE unterstützt seine Kunden in diesem aktuellen Veränderungsprozess umfassend durch Wissensvermittlung, Gutachten, Studien, Strategieberatung, Geschäftsfeld- und Geschäftsmodellentwicklungen.